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Die Wüste lebt! Die Auftaktveranstaltung

Fotos vom Wüstenauftakt von Suilian Richon, Text von Wilma Schrader

Die Wüste lebt – oder was liegt unter dem Sand

­»Wir heißen Sie herzlich willkommen zu Aktion, Performance und Vision bei Feuerschein, Musik, einem Glas Tee und ein paar Datteln in unserer Wüstendependance. Archaische Riten treffen auf neuzeitliche Installationen.«

Mit diesen Worten haben Roland Brus und sein Oase-Team zum Start des des neuen Projekts »Die Wüste lebt!« im November 2015 geladen. Ein Halbrund von Zelten, empfängt die zahlreichen Gäste auf dem Peter-Hansen-Platz vor der Färberei. In der Mitte ein Lagerfeuer, darum stehend, singt der Chor Makwaya unter der Leitung von Sabine Glückmann afrikanische Volkslieder in den jeweiligen Landessprachen. Weißbekittelte Oasenmitglieder reichen Tee, einige füllen Sand in Säcke, andere wiederum stellen Fragen und notieren die Antworten. Was liegt unter dem Sand? »Alte Schuhe, Gerippe, Gold, etwa Wasser?­­«

Es dämmert. Kerzen, kunstvoll angebracht auf den Begrenzungspfählen zum Peter-Hansen-Platz, werden angezündet. Unter den Gesängen von Makwaya und den auffordernden Ansagen von Zeremonienmeister Roland Brus setzt sich schließlich eine Karawane langsam in Bewegung. Alle Beteiligten tragen eines der zuvor mit Sand gefüllten Säckchen in der Hand. Ein animiertes Kamel begleitet die Menschenmenge hinein in die Färberei. Ziel ist ein Raum, der ausgestattet mit Teppichen, Kissen und einem arabischen Buffet das Innere eines Beduinenzeltes simuliert. Dort angekommen wird der Sand in einer großen Schale entleert und formt dort die Miniatur einer Wanderdüne. Auf allen Wänden Bewegtbilder. Ein Film holt den Verkehr der B7 in den Raum, ein anderer das Fließen der Wupper, ein weiterer die mehrfach ausgezeichnete Disney-Dokumentation von 1953 »Die Wüste lebt!«. Auf einem Stehtisch fordert ein altes Telefon zum Abheben des Hörers auf. Geschieht dies, ist Brus zu hören, der mitten in der Wupper Texte über die Wüste rezitiert. Wie alle Auftritte der Oase-Oberbarmen war auch dieser wieder perfekt inszeniert, überbordend im Detailreichtum und ausgestattet mit zahlreichen Bezügen, die teils ironisch, teils magisch verzaubernd mit den Klischees über fremde Kulturen und Erfahrungen in der eigenen Welt spielen. Ein fulminanter Start also, für vier weitere Jahre voller horizonterweiternder Abenteuerreisen in und nach Oberbarmen mit der Oase-Oberbarmen, aber auch anderen Künstlern.

Möglich wird dies, weil Iris Colsman, Leiterin der Färberei und Roland Brus als künstlerischer Leiter die Förderung des Bundes »Utopolis – Soziokultur im Quartier« nach Wuppertal geholt haben. Nun fließen in den nächsten vier Jahren mehr als 420.000 Euro nach Oberbarmen, die das Oase-Team in die Lage versetzen, die 2014 begonnene Forschungsreise in den Stadtraum fort zu setzen. Immer wenn die »Oase« auftritt, verwandelt sie mit ihren schrägen Aktionen den Ort, manchmal in ein Forschungslabor, mal in eine Bühne, in einen Garten, ein Schwimmbad und immer in eine Oase im tobenden Stadtverkehr. Manch‘ einer geht achtlos vorüber, macht gar einen riesigen Bogen, gefangen in seinem Alltag, andere neugierig geworden, haben große Fragezeichen im Gesicht und wagen sich staunend näher. Kommen sie Roland Brus in die Quere, entspinnt sich schnell ein intensives Gespräch. Der Mann mit dem Megaphon, den stahlblauen Augen und dem weißen Kittel weiß wie er seine Fragen stellen muss, um Menschen zu öffnen, damit sie ihre Geschichte erzählen. Das Oase-Team, das schon mal den Kaiser von Barmen gekrönt hat, oder in einer spektakulären Aktion, die Wahlplakate zur Landtagswahl 2017 entlang der B7 mit Porträts von Oberbarmern überklebt hat, bereitet immer den Alltagsmenschen die Bühne und tut das mit einer guten Portion Humor an der Schnittstelle zwischen Sozialforschung und politischer Arbeit.

Die Karawane ist in Bewegung gesetzt und wird nun in den nächsten vier Jahren in ganz Oberbarmen erscheinen. Es werden die Menschen des Stadtteils sein, die als Hauptakteure mit ihren Geschichten, ihren Gesichtern und Ideen das Leben im Viertel gemeinsam mit der Oase und anderen Künstlern gestalten und verändern werden.

Nachtrag: Das Projekt »Die Wüste lebt!« wird in enger Kooperation mit der »mobilen Oase« durchgeführt. Darüber hinaus gibt es jedoch auch unterschiedlichste Formate, wie zum Beispiel den geplanten Wüstenchor, der auf der Straße seine Lieder einstudieren will, Workshops und eine Gazette für den Stadtteil. Für diese  und andere Aktionen werden wir mit vielen bekannten und unbekannten Künstlern kooperieren.  U.P.